Miss Goosebay auf der AIR POWER 2019

  • Mittwoch, 04.09.2019

    Kurz vor Mittag fliegen Uwe Förster und ich bei bestem Wetter in
    Bayreuth los und machen nach ca. 1:15 einen Tankstopp in Wels bei Linz.
    Nach kurzem Aufenthalt – schließlich müssen wir unseren Anflugslot in
    Zeltweg einhalten – geht es weiter Richtung Wiener Neustadt, bevor wir
    in das lange Tal, welches uns nach Zeltweg führt, einfliegen. Rechts und
    links sind hohe Berge, die wir heute aber prima sehen. Gegen 1530 nehmen
    wir Kontakt mit der Anflugkontrolle in Zeltweg auf, die uns sogleich
    auffordert, mit erhöhter Geschwindigkeit den Anflug zu planen, weil die
    italienische Kunstflugstaffel Frecce Tricolori zu ihrem Trainingsflug
    starten möchte. Letztendlich müssen die 10 Jets 15 Minuten auf uns
    warten und wir sind dadurch schon jetzt bekannt, wie ein bunter Hund…
    Nur eine Minute, nachdem wir auf der 26L gelandet sind, starten die
    Italiener auf der 08R und zaubern mit ihren Jets ein atemberaubendes
    Kunstflugprogramm in den strahlend blauen Himmel. Nach dem Abstellen und
    Tanken der Miss Goosebay machen wir sie wetterfest und beenden den Tag,
    während hunderte von Helfern noch mitten in den Vorbereitungen für die
    AIR POWER sind. Von einem Fahrer des österreichischen Heeres werden wir
    zu unserem Quartier nach Niklasdorf gefahren, wo wir bei einem guten
    Glas Rotwein den gelungenen Herflug nachklingen lassen.

  • Donnerstag, 05.09.2019

    Heute ist Trainingstag. Da Uwes T6 im Static Display steht, müssten wir
    eigentlich nicht zum Airport. Da aber für die nächsten Tage schlechtes
    Wetter angekündigt ist, entscheiden wir uns, den ganzen Tag in Zeltweg
    am Fliegerhorst zu verbringen. Wir erleben tolle Trainingsflüge bei
    ohrenbetäubendem Lärm und stöbern durch die anderen Raritäten des Static
    Displays. Es ergeben sich viele nette Gespräche mit anderen Piloten. Als
    wir abends auf der Hotelterrasse unseren obligatorischen Rotwein
    genießen und rauchen, fängt es bereits an, wie aus allen Eimern zu
    schütten. Wir sind gespannt, wie das Wetter morgen werden wird…

  • Freitag, 06.09.2019 – der erste offizielle Tag der AIR POWER

    Das Wetter ist zwar nicht so schlecht wie befürchtet, doch wesentlich
    schlechter als erhofft. So fallen viele der spektakulären vertikalen
    Flugvorführungen, die wir am gestrigen Trainingstag noch bewundern
    durften, den niedrigen Wolken zum Opfer. Manchmal verschwindet auch eine
    enge Formation in den Wolken und die Zuschauer halten unwillkürlich den
    Atem an, ob das gut geht. Ja, es geht gut: Lediglich ein Landvorfall,
    als ein schwedischer Doppeldecker einen Markierungsreiter übersieht und
    sich überschlägt – doch der Pilot bleibt unverletzt. Heute ist es noch
    lauter als gestern, weil viele Jets die Figuren nur mit Nachbrenner
    fliegen können – manchmal helfen hier nicht einmal mehr die
    Ohrenstöpsel. Gerüchteweise hören wir, dass diese Veranstaltung die
    letzte AIR POWER gewesen sein soll – es wäre sehr, sehr schade. Umso
    stolzer sind aber Uwe und ich, dass wir dieses Jahr zum zweiten Mal zu
    dieser Veranstaltung eingeladen wurden.

  • Samstag, 07.09.2019 – der zweite Tag der AIR POWER

    Wie befürchtet regnet es wieder in Strömen. Das Grasvorfeld gleicht
    einer Schlammwüste. Trotzdem verfolgen über 120.000 (!) Besucher „ihre“
    AIR POWER. Es ist schon ein Wahnsinn, wie sich die Menschen aus der
    Steiermark mit diesem Event identifizieren – das wäre in Deutschland
    undenkbar! Was die Piloten zeigen, ist atemberaubend: Bei manchmal
    gerade 300ft Wolkenuntergrenze holen sie das Maximale aus ihren
    Maschinen und sich selber heraus. Allerdings fallen viele Programmpunkte
    buchstäblich ins Wasser. So startet die Frecce Tricolori, macht einen
    Überflug mit italienischen Rauchfahnen und verabschiedet sich dann aus
    Zeltweg. An diesem Tag wird sehr viel improvisiert und das eigentlich
    Spektakuläre ist, dass bei diesem Wetter überhaupt geflogen werden kann.
    Schade, dieses miese Wetter habe unsere Gastgeber nicht verdient.

  • Sonntag, 08.09.2019

    Über Nacht haben unzählige Helfer alle Absperrungen und
    Verpflegungsstände abgebaut, so dass wir die Miss Goosebay wieder
    bewegen können. 15 Helfer schieben die T6 aus dem durchgeweichten Gras
    auf einen Taxiway. Nach einem ausführlichen und persönlichen
    Wetterbriefing fliegen wir gut 1 ½ Stunden vor unserem eigentlichen Slot
    Richtung Wiener Neustadt ab. Der Talkessel hängt voll mit niedrigen
    Wolken, von den Gipfeln mal ganz zu schweigen. An einer Stelle wird es
    haarig eng, doch wir schaffen es, die Berge hinter uns zu lassen. Der
    weitere Flug nach Wels ist fast schon „langweilig“ unspektakulär, doch
    es ist ein Gedicht, wie die T6 schnurrt. Wie mag das von unten
    ausschauen? Während des Anfluges auf Wels können wir schon massive
    Regenwolken sehen, die aus Südwesten herandriften. Nach einem ganz
    kurzen Aufenthalt starten wir gleich wieder und fliegen entlang der
    Donau und Passau Richtung Regensburg. Laut Wetterberatung soll das
    fliegbar sein. Allerdings zwingen uns die Wolken dazu, immer tiefer zu
    fliegen und bei Straubing steht schließlich eine massive und
    undurchdringliche Regenfront. Wir sind schon nur noch ca. 300ft hoch und
    Uwe entscheidet sich kurzentschlossen, eine Zwischenlandung in Straubing
    zu machen. Wir sind dankbar, als wir die Landbahnbefeuerung sehen. Ein
    anschließendes persönliches Gespräch mit einem Wetterberater des DWDs
    ergibt, dass „man“ die Wetterlage viel zu optimistisch eingeschätzt hat.
    Dies bestätigt auch ein Anruf am Turm in Bayreuth. Die Asphaltbahn ist
    dort ohnehin wegen einer Motorsportveranstaltung gesperrt und wir
    müssten auf der S2 landen. Der Regen hat aber, auch 4 Stunden früher als
    vorhergesagt, bereits in Bayreuth eingesetzt. Wir entscheiden uns, in
    Straubing zu übernachten. Eine richtige Entscheidung, denn es schüttet
    ununterbrochen bis zum nächsten Morgen.

  • Montag, 09.09.2019

    Der Meteorologe hält ein kleines fliegbares Wetterfenster zwischen 1500
    und 1700 für möglich. Mittags wird das Wetter in Straubing bereits
    besser, doch Bayreuth ist nach wie vor zu. Gegen 1500 fliegen wir dann
    los und es ist wirklich gut fliegbar bis Weiden. Dort sehen wir unsere
    einzige Chance, sehr niedrig durch die Grafenwöhr Kontrollzone zu
    fliegen, weil die Wolken im Osten aufliegen. Wir erhalten die
    entsprechende Freigabe. An Eschenbach vorbei geht es Richtung Creussen,
    die Windräder rechts und links unserer Flugstrecke sind um einiges
    höher, als wir fliegen. Es ist machbar, weil die Sicht akzeptabel ist.
    Schnell wird aber klar, dass wir nicht eine Landung auf der 24 machen
    können, sondern mit leichtem Rückenwind die 06 versuchen, weil auch
    Dressendorf schon in den Wolken ist. Uwe macht eine prima Landung und
    als wir vor dem Hangar 1 abstellen, fängt es an, wie aus allen Kübeln zu
    schütten. Das war knapp. Fazit: Wir haben tolle Tage erlebt, Fliegerei
    von Anfang bis Ende und einen sehr spannenden Rückflug. Wir werden oft
    an diese Tage denken und manchmal bestimmt bei einem Glas Wein und einem
    Zigarillo oder einer Pfeife davon erzählen können – und sei es auch nur,
    dass die Frecce Tricolori 15 Minuten auf die Landung der Miss Goosebay
    hat warten müssen. Doch damit werden uns sicher die anderen Piloten, die
    wir auf der AIR POWER in Zeltweg getroffen haben aufziehen, wenn wir sie
    auf irgendeiner anderen Veranstaltung wiedertreffen. Die Oldtimer
    Flieger sind schone eine besondere, kleine Gemeinschaft.

Bericht von Johannes Bühler