Zugegebener Weise waren wir schon enttäuscht, als uns die Veranstalter von
Zeltweg mitteilten, dass wir dieses Jahr nicht eingeladen werden würden.
Aber, wie heißt der Spruch: „…wo sich eine Türe schließt, öffnet sich ein
Fenster…“ Und so war es auch hier, denn kurze Zeit später informierte mich
Uwe, dass er mit seiner T6 „Miss Goosebay“ zur Feier anlässlich des Endes
der Berliner Luftbrücke nach Wiesbaden Erbenheim eingeladen ist und ich
wieder mit von der Partie sein durfte.
Das erste, was wir lernten war, dass uns die Amerikaner, was den
Bürokratismus angeht, noch in den Schatten stellen: Obwohl ja sie
interessiert waren, dass wir teilnehmen, mussten wir über viele Wochen
unzählige Anträge an ebenso unzählige Adressaten schicken und mehr als
einmal schaute es so aus, dass die Veranstaltung ohne uns stattfinden würde.
Gerade mal 2 Tage vor der avisierten Anreise bekamen wir dann das „Go“.
Gegen 1400 starteten wir bei 4/8 Cumulus Bewölkung in Bayreuth. Wieder
einmal erkannten wir, dass der Norden Bayerns eine wunderschöne Gegend ist –
nun, in 3.000ft AMSL kann man ja auch einiges erkennen. Mit FIS klärten wir
gleich nach dem Start, dass wir mit unseren Funkgeräten nicht in der Lage
waren, die militärischen Frequenzen zu rasten und wir darauf angewiesen
waren, auf der 122,100 mit Wiesbaden TWR in Kontakt zu treten. Dies wurde
uns auch so genehmigt. Ja, dann wurde es allerdings mehr als spannend:
Unsere vorgegebene Flugroute führte uns im Norden an Frankfurt vorbei.
Unsere Flughöhe betrug da schon nur mehr 1.500ft AMSL: Die CTR Wiesbaden
schließt in dieser Höhe direkt an den Luftraum „C“ von Frankfurt an.
Wer, wie ich, unzählige Male mit einem Airliner den Frankfurter Flughafen
„normal“ angeflogen hat, für den war es schon ein Mega Erlebnis, in
Ameisenkniehöhe gerade mal in ca. 80m Höhe über den Pflichtmeldepunkt
Niedernhausen zu fliegen. Der Anflug und die Landung klappten problemlos und
dann waren wir da – als erste der angekündigten 6 Rosinenbomber und 4 T6.
Was wir sehr schnell erkannten war, dass unsere amerikanischen Freunde zwar
alle sehr nett und hilfsbereit waren, jedoch ein unwahrscheinlicher
Kompetenz Wirrwarr herrschte und die linke Hand oft nicht wusste, was die
rechte macht. So wurden wir auch zunächst auf den Main Apron eingewiesen, um
dann kurz vor unserer Abfahrt ins Hotel zu erfahren, dass wir doch beim
Taxiway Bravo abstellen hätten müssen. So versprachen wir, an unserem
„freien Tag“ (Freitag) doch nochmal auf die Base zu kommen, um die Miss
Goosebay umzuparken. Nachdem wir das dann gemacht hatten – und sie endlich
erkannten, dass wir fürs „Static Display“ und nicht für die Formation
vorgesehen waren, schoben sie mit vereinten Kräften die T6 zurück an die
ursprüngliche Parkposition.
Mittlerweile waren auch die ersten Rosinenbomber angekommen und die
restlichen T6.
Samstag ging es dann los – quasi als Probelauf: Ca. 10.000 Besucher wirkten
noch etwas verloren auf der riesigen Airbase, die DC 3 flogen die ersten
Probeformationsflüge und weitere Militärflugzeuge kamen an.
Ungekrönter Star der anwesenden Flugzeuge war Uwes Miss Goosebay. Sie diente
für unzählige Foto- und Fernsehtermine als Hintergrund.
Am Sonntag kamen die erwarteten 60.000 Besucher. 70 Fressbuden, diverse
Panzer und Zelte mit Informationsständen waren neben den Flugzeugen des
Static Displays und den Musikbands auf der Bühne, der Rahmen dieses
Volksfestes. Da für den Nachmittag der Abwurf von Süßigkeiten angekündigt
war, waren unzählige Familien mit ihren Kindern auf der Airbase. Diese
behandelten unsere Flugzeuge teilweise wie ihre Spielsachen im Kinderkasten
und vielfach ignorante Eltern nahmen daran keinerlei Anstoß. Wenn wir sie
dann auf das Fehlverhalten ihrer Sprösslinge ansprachen, schauten sie uns
ganz groß an, bezweifelten, dass wir etwas zu sagen hätten und auf unsere
Replik, wir seien immerhin die Piloten, kam oft die lapidare Auskunft, dass
sie das nicht glaubten!! Erst als wir unser Flugzeug mit Trassenband
absperrten, konnten wir einigermaßen sicher sein, mit eben diesem Flugzeug
auch wieder sicher heimfliegen zu können. Unfassbar!
Am Nachmittag flogen dann 3 DC3, eine Herkules und eine T6 ihre Formationen
und setzten auch eine ganze Reihe von Fallschirmspringern ab.
Höhepunkt war anschließend der Abwurf von Minifallschirmen mit Süßigkeiten
in Erinnerung an all die Süßigkeiten, die von den US Besatzungen im Anflug
auf Tempelhof den dort warteten Kindern zuteilwurde.
Nachdem die Süßigkeiten abgeworfen waren, durften tausende von Kindern
Richtung Landebahn, um sich „ihren“ Fallschirm zu ergattern. Nun, nicht alle
waren erfolgreich, doch dafür wurden dann weit über 1 Std. über die
Lautsprecher auf Deutsch und Englisch ununterbrochen Suchmeldungen
ausgestrahlt: „…der kleine Patrick, 6 Jahre, bekleidet mit weißen
Turnschuhen, einer schwarzen Turnhose und einem roten Trikot sucht dringend
seine Eltern. Abzuholen bei der Feuerwache…“ Nun ja, gekonnte Organisation
sieht anders aus.
Am Montag war dann noch Tag der offenen Türe für Wiesbadener Schulklassen,
bevor um 1300 die Feier zu Ende ging. Etwas mit Sorge hatten wir die Tage
die Wetterentwicklung für den Rückflug verfolgt – letztendlich war es aber
ein problemloser Rückflug mit Schauern, die allerdings rechts und links
unsere Kurslinie waren. Der Abflug war genauso spektakulär, wie unser
Anflug!
Gegen 1515 landeten wir mit der T6 in Bayreuth und resümierten, dass
Wiesbaden zwar in einer anderen Liga wie Zeltweg spielt, wir aber trotzdem
wunderschöne Tage erleben durften.
Bericht von Johannes Bühler